Die Astrologie ist ein Erkenntnisweg, der ungewöhnliche Einsichten ermöglicht und der einen dadurch mit der Zeit über die konventionellen Perspektiven hinaus führt. Irgendwann kam mir der Gedanke, dass ich als Astrologe ein Übersetzer bin, der von Astrologisch ins Deutsche oder Englische übersetzt. Denn ich hatte ja die abstrakte kosmische Symbolsprache eines Horoskops in anschauliche Begriffe zu übersetzen. Dazu kommt, dass Astrologen in einer materialistisch geprägten Zeit auf der Basis eines Menschbildes beraten, das viel komplexer ist, als das Menschenbild im Materialismus. Astrologen sind Übersetzer zwischen zwei ganz unterschiedlichen Beschreibungen ein und derselben Wirklichkeit.
Dem entspricht eine Konstellation, die auch bei Übersetzern, Mediatoren, Vermittlern und Beratern aller Art oft im Horoskop steht. Also bei Menschen, die zwischen mehreren Welten vermitteln. Die Konstellation betrifft also nicht nur uns Astrologen und vielleicht auch nicht uns alle, aber vermutlich doch sehr viele von uns. Es handelt sich um Merkur/Uranus. Hier einige bekannte Astrologen, die ich in der astrodata-bank gefunden habe als Beispiele:
Elsbeth Ebertin hatte ein exaktes Trigon vom Merkur in 6 zum Uranus in 10, also sind beide für Berufliches zuständigen Häuser in dem Sinne gekennzeichnet.
Ihr Sohn Reinhold Ebertin hatte ein Quadrat vom Merkur in 2 zu Uranus in 12. Der Kontakt zu seiner durch Uranus in 10 gekennzeichneten Mutter soll ihm anfangs sehr erschwert worden sein. Vielleicht stand bei ihm deshalb der Uranus in 12.
Wolfgang Döbereiner hatte den Merkur vom Uranus beherrscht in 9, der Uranus stand in 10. Damit verbinden sich über Merkur/Uranus Anschauung und Berufung und es werden neue Maßstäbe gesetzt.
Johannes Kepler hatte Merkur als Herrscher seines Zwillings AC in Konjunktion mit Uranus in 7, Jupiter stand als Herrscher von 7 in 10. Auch Kepler hat neue Maßstäbe gesetzt.
Herbert Freiherr von Klöckler hatte den Uranus in 5 in Opposition zu Merkur in 11.
Agrippa von Nettesheim hatte ein exaktes Quintil vom Merkur in Konjunktion mit Pluto Spitze 3 zu Uranus Spitze 5. Sein Buch Die magischen Werke ist bis heute lesenswert.
Alfred Witte hatte eine exakte Opposition von Merkur am Ende von Haus 4 zu Uranus am Ende von Haus 10.
Dass Merkur/Uranus zu uns Astrologen passt, lässt sich auch mythologisch herleiten. Denn Merkur entspricht Hermes, dem Götterboten und Uranus entspricht Uranos, dem Gott des nächtlichen Sternenhimmels. Danach sind Astrologen „Sternenbotschafter“. Das wär doch mal etwas für die Visitenkarte, nicht wahr? Aber natürlich werden nicht alle Menschen, die Merkur/Uranus haben, auch gleich Astrologen.
Sondern der Zwillings-Merkur wird als Kommunikations- und Denkfunktion ganz generell durch den Uranus aus den bisherigen Grenzen herausgehoben. Also erlernt man ganz real oder im übertragenen Sinne zwei oder mehr Sprachen bzw. Denkweisen. Gleichzeitig lernt man im Sinne des Jungfrau-Merkurs durch den Uranus zwei oder mehr Arten von Lebensbedingungen bzw. Anpassungsformen an das Leben kennen. Im biografischen Sinne ist dafür oft typisch, dass man schon als Kind zu lernen hat, zwischen zwei oder mehr Welten zu vermitteln, z.B. wenn Mutter und Vater aus sehr unterschiedlichen Kulturen oder Milieus kommen oder ganz unterschiedliche Lebensweisen und Weltanschauungen haben. Eventuell wächst das Kind von vorneherein mit zwei Sprachen auf, also bi-kulturell.
Unter den Menschen mit Merkur/Uranus, die ich beraten habe, bestand die größte Gruppe mit einem gemeinsamen Merkmal aus Menschen, deren Eltern aus zwei völlig verschiedenen Kulturen kamen, deutsch-ägyptisch, deutsch-türkisch, deutsch-italienisch, deutsch-koreanisch usw. Ich weiß nicht, ob das meinen Kolleginnen und Kollegen auch so geht, aber manchmal schlägt eine bestimmte Konstellation regelrecht in Serie in meiner Beratungspraxis auf. So baten mich z. B. eine Zeit lang auffällig viele junge Frauen orientalischer Herkunft, die in Deutschland geboren und aufgewachsen waren, um eine telefonische astrologische Beratung. Und die hatten viele Gemeinsamkeiten.
Alle hatten Merkur/Uranus, weil sie zwischen ihrer orientalischen Herkunft und der deutschen Kultur vermitteln mussten. In Haus 2 und/oder 4, also im gemeinschaftlichen und/oder familiären Bereich hatten sie Konstellationen für traditionelle Werte, z. B. Venus/Saturn oder sie hatten Venus/Pluto, als Hinweis auf Clanstrukturen. In den Häusern 7, 8 und 9, die ja die kulturelle Umgebung symbolisieren, in der sie geboren und aufgewachsen waren, hatten sie dagegen neutrale, liberale und offene Konstellationen. Merkur/Uranus kann also auch dann auftauchen, wenn die familiäre Herkunft und die kulturelle Umgebung, in der man aufwächst, sich stark voneinander unterscheiden.
Diese Frauen haben mir im Grunde genommen alle dieselbe Frage gestellt, nämlich: „Soll ich mich in meinem weiteren Leben an meiner orientalischen Herkunft oder an der offeneren deutschen Kultur orientieren?“ Also habe ich nach dem neuen Mondknoten geschaut, weil der die evolutionären Potentiale und Chancen anzeigt. Und der stand bei allen so, dass sie sich in der offenen, deutschen Kultur besser entfalten konnten, als in der Kultur ihrer Herkunft.
Eigentlich sprach ja schon allein der Impuls, dass sie einen deutschen Astrologen um Rat gebeten haben, für sich. Wenn sie der orientalischen Kultur intuitiv mehr als der deutschen Kultur getraut hätten, hätten sie ja auch einen Hodscha konsultieren können. Anscheinend gehen Viele zum Astrologen, um sich ihre Intuitionen bestätigen zu lassen. Ein Hodscha ist ein muslimischer Religionsgelehrter, der auch als Lebensberater arbeitet. Eine Freundin erzählte mir von einem Hodscha, der „gezaubert“ hat. Je nach dem was an Lebensfragen auftauchte, hat er kurze thematisch dazu passende Korantexte auf kleine Zettel geschrieben, sie aufgerollt, mit farbigen Bändchen verschnürt und seinen Besucherinnen und Besuchern als magische Objekte übergeben. Früher wurden auch bei uns magische Objekte hergestellt, oft auch nach astrologischen Konstellationen. Die magischen Werke von Agrippa von Nettesheim sind voll von entsprechenden Rezepten.
Kurz zu einer anderen Konstellation, deren Eigner man leicht mit Merkur/Uranus-Leuten verwechseln kann, nämlich zu Jupiter/Neptun. Bei Jupiter/Neptun ist die Herkunft oft multi-kulturell, nicht nur bi-kulturell, oder man reist schon relativ früh in alle möglichen fernen Länder. So oder so werden die Grenzen des geistigen Horizonts, bzw. der Anschauung, also die Grenzen des Jupiters durch den Neptun aufgelöst. Merkur/Uranus und Jupiter/Neptun ähneln sich also darin, dass sie die Erfahrungsräume öffnen, aber Jupiter/Neptun geht darin noch weiter und tiefer. Jupiter/Neptun-Eigner sind oft introvertierter und stiller als die manchmal ganz schön hibbeligen und quirligen Merkur/Uranus-Leute. Merkur/Uranus und Jupiter/Neptun sind aber häufig auch im selben Horoskop gegeben.
Zum Schluss ein Horoskop für Merkur/Uranus aus den metaastrologischen Schlüsselbildern, also aus meiner Forschung. Es ist ein Combin, das ich aus den Horoskopen auf die Entdeckung des Uranus und auf den Closeup der Sonde Mariner 10 an den Planeten Merkur von 1974 berechnet habe. Als Closeup bezeichnet die NASA den exakten Moment der Annäherung einer Weltraumsonde an einen Planeten auf die kürzeste Distanz. Die Daten für den Closeup habe ich bei der NASA recherchiert, sie finden sich neben vielen anderen Daten auf meinem Blog www.vinzent-liebig-blog.de unter dem Stichwort „Metaastrologie“. Das folgende Horoskop symbolisiert die generelle Bedeutung von Merkur/Uranus-Verbindungen.
Metaastrologisches Merkur/Uranus-Combin
Die Jungfrau beherrscht Haus 1 und 12, also geht es in der Anlage und im Lebenshintergrund um Anpassungsprozesse, die bei Sonne in 1 durch die Person selbst realisiert werden. Bei MC im Zwilling ist sind Sprache und Austausch Teil der Berufung und Bestimmung, und bei Merkur in 1 ebenfalls Teil des Potentials und von existenzieller Bedeutung. Dazu kommt der Mond als zweiter Herrscher von 10 in den Fischen in Haus 6. Danach ist es Teil der Lebensaufgabe, sich seelisch auf unbekannte Lebensbedingungen einzulassen; die mit Neptun als Herrscher von 6 in 8 letztlich auch geistige, also kulturelle Lebensbedingungen sind.
Uranus steht als Herrscher von Haus 5 in 11. Also kann die Person durch ihr Verhalten Sprachgrenzen und die Grenzen der vorgefundenen Lebensbedingungen überschreiten und so zu neuen Freiheiten kommen. Daneben zeigt auch Pluto als Herrscher von 3 in Haus 9, das dass der Erfahrungsbereich der Sprache deutlich erweitert ist. Denn Haus 3 symbolisiert ja die Sprache und Haus 9 traditionell die „großen Reisen“. Passend zur bi-kulturellen Herkunft steht der Jupiter als erster Herrscher von Haus 4 am IC im Quincunx zu diesem Pluto. Man ist also schon der familiären Herkunft nach weiträumig und auf entsprechende langfristige Partnerschaften angelegt. Verbindungen von Jupiter und Pluto deuten auf Partnerschaften mit geistig Gleichgesinnten und Quincunxe haben oft sehr nachhaltige Wirkungen.
Wer die Konstellation Merkur/Uranus hat, tut in den entsprechenden Erfahrungsbereichen – siehe Häuserposition – laut neuem Mondknoten in den Fischen in 6 gut daran, sich auf fremdartige und unbekannte Lebensbedingungen einzulassen und bei Neptun in 8 letztlich alle kulturellen Grenzen und Festlegungen aufzulösen und zu transzendieren. Man ist mit der Konstellation also letztlich auf eine universelle und offene Geisteshaltung angelegt.
Soweit zu den wichtigsten Bildern des metaastrologischen Merkur/Uranus-Combins. Aus meiner Sicht sind wir Zeugen einer zunehmenden Planetarisierung des Bewusstseins. Es liegt auf der Hand, dass wir dafür viele gute Übersetzer brauchen, in allen Lebensbereichen. Und wir alle haben irgendwo die Halbsumme Merkur/Uranus im Horoskop und können im entsprechenden Erfahrungsbereich (siehe Häuserposition) als unparteiische Übersetzer tätig sein. Eine tibetische Redensart lautet: „Übersetzer sind die Augen des Universums“.
Uns Allen Alles Gute
Vinzent Liebig
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