Vorbemerkung: Dieser Text entstand auch angeregt durch die Begegnung mit einem Alchemisten. Der Begriff „Rubedo“ kennzeichnet das Ziel vieler alchemistischer Prozeduren. Das „Trinkgold“ ist eine alchemistische Essenz, die aus Gold hergestellt wird. Der Begriff „metaastrologisch“ bezieht sich auf eine astrologische Entdeckung, die mir 1995 gelang, mehr dazu finden Sie unter „Die Entdeckung der Metaastrologie“.
Zunächst einiges zur Sonne aus mythologischer Sicht:
Die Sonne steht im griechischen Mythos mit den Göttern Helios und Apollon in Verbindung. Obwohl die Sonne offensichtlich der bedeutendste aller Himmelskörper ist, spielt der Sonnengott Helios im Mythos fast nur eine Nebenrolle. Er gilt als Sohn der Titanen Hyperion und Theia. Aber Zeus (Jupiter), Hermes (Merkur), Aphrodite (Venus) und andere olympische Götter gelten als viel bedeutender als die Sonne. Der olympische Kult ist eine Synthese, eine Brücke zwischen matriarchalen und patriarchalen Kulten. Er ist weder eine reine Mond, noch eine reine Sonnenreligion. Vielleicht könnte man ihn als polytheistische Planetenreligion bezeichnen, in der Zeus, dem der größte Planet Jupiter zugeordnet ist, als der mächtigste unter den Göttern gilt. Sonne und Mond spielen jedenfalls relativ untergeordnete Rollen.
Als Zeus die griechischen Städte und Inseln unter den Göttern verteilte, hat er Helios ganz einfach vergessen. Aber Helios war nicht gekränkt, als er davon erfuhr und begnügte sich mit der Insel Rhodos, die gerade erst aus dem Meer aufgetaucht war. Helios Schwestern sind Selene (Mond) und die rosenfingrige Eos (Morgenröte). Er fährt täglich mit einem vierspännigen Wagen von Ost nach West über den Himmel und wird auch als der „Allessehende“ bezeichnet.
Etymologisch kommt Helios, gesprochen „Ilios“ mit Akzent auf der ersten Silbe, aus safelios verwandt mit suil „Auge“, verwandt mit sanskrit suvar „Himmel und Sonne“ und mit sanskrit suryah „Sonne“. Der Zusammenhang: Sonne, Licht, Sehen, Auge und Bewusstsein liegt auf der Hand. Wir kommen noch darauf zurück, zunächst eine recht bekannte Geschichte:
Eines Tages will Phaethon, ein Sohn des Helios auch einmal den vierspännigen Wagen seines Vaters über den Himmel fahren, um seinen Schwestern und seiner Mutter zu zeigen, was für ein toller Kerl er ist. Vater Helios stimmt zu, aber Phaethon fährt erst zu hoch, so dass alles auf Erden erfriert und dann zu tief, so dass alles auf Erden verbrennt, bis ihn Zeus aus Zorn darüber mit einem Blitz erschlägt. Diese Geschichte erscheint uns zunächst vielleicht nicht als ein Mythos mit tiefer symbolischer Bedeutung, sondern eher als eine Lehrfabel zum Thema „Kindererziehung und Papas Auto“. Aber hier taucht das Thema Balance auf, das im Mythos des olympischen Sonnengottes Apollon auch wieder eine Rolle spielt und auch das Thema „Verantwortung“ wird angesprochen. In der Astrologie steht die Sonne für das individuelle Verhalten und in dem Sinne auch für Verantwortung.
Als sehr aufschlussreich zur Bedeutung der Sonne erscheint mir eine Skulptur vom Kopf des Helios, die man im Museum von Rhodos sehen kann. Der majestätische jugendliche Kopf ist leicht nach hinten geworfen, der Mund ist etwas geöffnet, der Blick der weit geöffneten Augen ist ungefähr in einem von Winkel 30° nach oben gerichtet, das Gesicht wirkt wie in stiller Ekstase, wie staunend hingerissen dem grenzenlosen Himmelsraum hingegeben.
Haltung und Ausdruck dieser Skulptur gleichen verblüffend der inneren und äußeren Haltung im Dzogchen, einer östlichen Meditationsmethode, bei der man mit leicht geöffnetem Mund, offenen Augen und leicht zurück gelehnt meditiert. Da der olympische Mythos von indoarischen Einwanderern mit möglicherweise zentralasiatischer Herkunft mitbegründet wurde, die auch die indische Kultur beeinflusst haben, finden sich in der griechischen Kultur immer wieder Elemente, die an Indien und an Zentralasien erinnern. Im Dzogchen wird gesagt, dass die Augen über subtile Energiekanäle mit dem Herzzentrum verbunden sind, in dem „dauernd die Sonne des Rigpa aufgeht“, wenn das Herz gereinigt ist. Rigpa ist die Urintelligenz, die Alle anderen Zustände des Geistes erzeugt, umfasst und überschreitet. Im Dzogchen werden die Augen offen gehalten, um das Herzzentrum zu stimulieren. Es liegt, wie gesagt, klar auf der Hand, dass zwischen Sonne, Licht, Sehen, Auge und Bewusstsein ein Zusammenhang bestehen muss. Und die Sonne wird seit jeher mit dem Herz und dem feinstofflichen Herzzentrum in Verbindung gebracht.
Dieser Zusammenhang erweitert und vertieft sich, wenn wir uns Apollon, dem zweiten Sonnengott im Mythos zuwenden. Unter den olympischen Göttern ist vor allem Apollon, speziell unter seinem Beinamen „Phoibos“ mit der Sonne verbunden. Das Adjektiv „phoibos“ ist als Substantiv ein anderer Name für Apollon und bedeutet „strahlend, leuchtend, klar, rein“. Apollon wurde erst relativ spät als Sonnengottheit verehrt. Er trug den Namen Phoibos aber schon lange vorher, weil einer seiner wichtigsten Züge seine Jugendlichkeit war, und Jugendlichkeit mit „strahlend, leuchtend, klar, rein“ usw. assoziiert wurde.
Apollon gilt als Gott des Lichtes, der Musik, Poesie, Philosophie, Astronomie, Mathematik, Naturwissenschaften und der Wahrsagekunst. Vielleicht ist die Sonne in Gestalt des Apollon als das Licht des Bewusstseins des antiken Menschen zu verstehen, der durch Künste, Wissenschaften und andere Erkenntnisse die Wirklichkeit erschließt und gestaltet. Natürlich hat Apollon wie andere antike Götter zahlreiche Liebesbeziehungen und es gibt Wettkämpfe und Konflikte in seinem Leben. Aber charakteristischer für ihn erscheinen andere Episoden. Da sind zunächst die Umstände seiner Geburt:
Apollon ist, wie seine Zwillingsschwester die Mondgöttin Artemis, ein Kind des Zeus und der Leto. Sein Vater Zeus unterhielt neben seiner Ehe mit Hera zahlreiche Liebesbeziehungen zu anderen Frauen. Leto aus lanthano, latho oder letho bedeutet „Aufmerksamkeit vermeiden, unbekannt sein, unsichtbar bleiben“, aus lathrios „versteckt bleiben“. Als Leto von Zeus schwanger wurde, entsandte die eifersüchtige Hera, um sich zu rächen, die Schlange Python. Sie sollte die Leto verfolgen und die Geburt ihrer Kinder verhindern. Da tauchte die Insel Delos aus den Wogen des Meeres auf, damit Leto einen Ort fände, wo sie geschützt vor Heras Zorn, Artemis und Apollon gebären konnte. Delos bedeutet „klar, sichtbar“. Die Geburt der Götter des Lichtes, des Sonnengottes und der Mondgöttin geht also mit einer Bewegung des Versteckten, Unsichtbaren (Leto) an einen Ort der Klarheit und des Sichtbaren (Delos) einher. Das Licht der Insel Delos ist übrigens tatsächlich atemberaubend und die Insel war bis 88 n. Chr. ein bedeutender internationaler Handels- und Kultort mit Tempeln syrischer, römischer, ägyptischer und griechischer Götter, deren Überreste man heute noch dort sehen kann. Einige Tage nach seiner Geburt verlangte Apollon nach Pfeil und Bogen, die ihm der Götterschmied Hephaistos besorgte, und begann die Schlange Python zu verfolgen. Schließlich tötete er Python im Schrein zu Delphi, machte den Ort zu seinem Heiligtum und zur berühmtesten Orakelstätte der Antike.
Das „Apollinische“ gilt heute Manchen als das Prinzip der Harmonie und Ordnung in der Kultur, während das „Dionysische“ für die orgiastischen, wilden und ekstatischen Ausdrucksformen in der Kultur steht. Aber am Anfang seiner Entwicklung ist Apollon auch nicht ohne Wildheit und sein Umgang mit seinen Gegnern ist nicht nur fair. Dann jedoch ergibt sich ein Konflikt mit seinem Vater Zeus, dessen Folgen seiner Entwicklung eine andere Richtung geben. Ein Sohn des Apollon, der Arzt Asklepios (römisch Äskulap) hatte es gewagt, einen Toten wieder zu erwecken, worauf sich Hades, der Herrscher des Totenreiches, bei Zeus beschwerte. Zeus tötete Asklepios mit einem Blitz und Apollon rächte sich, indem er die Waffenschmiede seines Vaters, die Kyklopen ermordete. Hätte nicht seine Mutter Leto für ihn vermittelt, wäre Apollon dafür von Zeus in die Unterwelt des Tartaros verbannt worden.
Ähnlich wie Phaeton, der Sohn des Helios, hatte auch Asklepios, der Sohn des Apollon durch sein Handeln die grundsätzliche Ordnung in Frage gestellt und gefährdet. Auch die Söhne der Sonnengötter haben sich dem Gesetz des Zeus zu fügen! Zur Strafe diente Apollon ein Jahr lang dem König Admetos. Danach wandelte sich sein ganzer Lebensstil und er orientierte sich an den Prinzipien „Erkenne dich selbst“ und „Nichts im Übermaß“. Schließlich wurde er zum Lehrer der Musen, die die Wissenschaften und Künste inspirieren.
Die Grundprinzipien des Sonnengottes Apollon Phoibos sind danach folgende:
Erstens Erkenntnis, schon symbolisiert im Namen seines Geburtsortes Delos – „klar, sichtbar“, symbolisiert aber auch in seiner Herrschaft über die Orakelstätte von Delphi, die der Erkenntnis des Willens der Götter und des Schicksals diente und in seiner Herrschaft über die Wissenschaften und nicht zuletzt in seinem Credo „Erkenne dich selbst“. Zweitens Harmonie und Balance in seiner Bedeutung als Gott der Musik und in seinem Wahlspruch „Nichts im Übermaß“.
Zum Prinzip Erkenntnis gibt es im Beinamen des Helios, der „Allessehende“ eine Parallele. Und die Frage der Balance erscheint auch schon in der Fabel über Helios’ Sohn Phaeton, der in seiner Fahrt über den Himmel das richtige Maß verlor. Die astronomischen Entsprechungen dazu sind, dass uns das Licht der Sonne die irdische Wirklichkeit erkennen lässt und dass die Sonne als Schwerpunkt des Sonnensystems diesem Balance und Harmonie gibt.
Nun zur Sonne aus astrologischer bzw. metaastrologischer und alchemistischer Sicht:
Nach dem metaastrologischen Schlüsselbild für die Sonne ist diese das koordinierende, bestimmende, balancierende und steuernde Zentrum eines lebendigen, sich selbst regulierenden Systems. Passend zu den astronomischen Gegebenheiten spricht das metaastrologische Bild der Sonne davon, dass die Sonne die Energie dieses Systems gebiert und vermittelt. Dem entsprechen:
1. die Sonne in ihrer Wirkung und Bedeutung für das Sonnensystem,
2. das Herz in seiner Wirkung und Bedeutung für den menschlichen Körper
3. das Herzchakra in seiner Bedeutung für den menschlichen Energiekörper.
Die Sonne wird in der Astrologie traditionell dem Herz zugeordnet, dies gilt auch in der Alchemie. Dass aus meta-astrologischer Sicht das die Sonne umgebende System als ein „lebendiges System“ erscheint, finde ich besonders schön, weil die antiken Kulturen die Himmelskörper als die physischen Leiber von Göttern und damit als etwas Lebendiges gesehen haben.
Letztlich ist die Sonne die energetische Funktion des gesamten Systems und dieses System erscheint aus meta-astrologischer Sicht energetisch als rezeptiv. Was passt, weil das Sonnensystem ja die Energie der Sonne aufnimmt. Diese Aussagen decken sich auch mit der Wirkung des alchemistischen Trinkgoldes. Auf der metallischen Ebene entspricht die Sonne ja seit jeher dem Gold. Tests zur Wirkung des alchemistischen Trinkgoldes ergaben:
1. Das Energieniveau wird insgesamt erhöht.
2. Die Produktion und Speicherung der Lebensenergie Chi wird direkt angeregt.
3. Übergeordnete Steuerungsebenen im menschlichen Energiesystem werden aktiviert.
4. Eine Harmonisierung energetischer Ungleichgewichte und Blockaden wird in Gang gesetzt.
5. Basis-, Herz- und Kronenchakra werden angeregt.
Im Weiteren erscheint die Sonne aus metaastrologischer Sicht als ein Außenseiter mit neutraler Haltung in seinen Aktivitäten. Auch das ist „sonnenklar“, – denn als einziger Stern in einem System von Planeten und Monden ist die Sonne tatsächlich ein Außenseiter und neutral ist sie auch. Sie strahlt ihre Kraft unparteiisch in jede Richtung aus, sie schenkt allen Planeten ihr Licht. Die Sonne verströmt sich voller Hingabe in Alle Richtungen, was an den Gesichtsausdruck der Skulptur des Helios auf Rhodos erinnert. Die Sonne hat zahlreiche weitere Bedeutungen, hier die wesentlichsten in Kurzform:
Die Sonne vermittelt in höhere Ebenen, macht Verdrängtes im erneuten Erlebnis bewusst, stärkt die Erkenntnisfähigkeit, und erweitert Bewusstsein und Wahrnehmung. Ihre Bedeutung liegt in der lebendigen Kraft zum Ausdruck und in der Fähigkeit zur Selbsterkenntnis. Was hier über die Sonne gesagt wurde gilt analog auch für das alchemistische Gold.
Dessen Wirkungen unterstützen den Weg zur Stufe der Rubedo, in der die Sonne dem Basischakra zugeordnet wird. Da die Sonne aus metaastrologischer Sicht Energie gebiert bzw. erzeugt und das Basischakra als Ursprung der Kundalini gilt, macht diese Sicht, wenn auch sehr ungewohnt, doch Sinn. Nehmen wir die Rubedo als Ziel des alchemistischen Wandlungsweges an, dann sollte die Sonne mit all ihren Qualitäten die Basis unserer Existenz und unserer inneren Wirklichkeit bilden. Wenn wir dies ernst nehmen, dann würden Balance, Erkenntnis und selbstverantwortliches Handeln die Basis unserer Existenz bilden. Wir wären im tiefsten Grunde unseres Seins „leuchtende Außenseiter“ mit neutraler Haltung in unseren Aktivitäten, wir würden wie die Sonne unser Licht und unsere Kraft allen schenken.
Metaastrologisch gesehen ist auch die Sonne ein Wesen in Entwicklung. Die astrologische Symbolik für die Entwicklung einer Person oder Situation sind die Mondknoten. Einer der beiden, der „südliche Mondknoten“ zeigt die Anfänge, der andere „nördliche Mondknoten“ zeigt das Ziel einer Entwicklung. Bezogen auf unseren individuellen Lebensausdruck und unser Verhalten, besteht der Anfang des Sonnenweges tatsächlich darin, dass wir nach unseren eigenen Werten selbst verantwortlich handeln. Wir sollten unsere eigenen, nicht irgendwelche fremden Werte zum Ausdruck bringen. Am Anfang gehört das Außenseitertum dazu, aber das ist erst der Anfang, die Nigredo der Sonne.
Nun zur Rubedo der Sonne: Diese besteht darin, dass wir unser Licht unterschiedslos verschenken. Mit anderen Worten, wir bleiben wir selbst, und was auch immer geschieht, nämlich einfach bewusst = Licht und erlauben den Wirklichkeiten, die im Licht unseres Bewusstseins aufscheinen, sich gemäß ihrer Eigenart von alleine zu verwandeln. Wir mischen uns nicht ein, sondern bleiben bewusst und lassen die Inhalte unseres Bewusstseins sich aus sich selbst, durch sich selbst zu einer höheren Stufe ihrer selbst verwandeln. Dies entspricht dem nördlichen Mondknoten oder der Rubedo der Sonne. Und diese geistige Haltung entspricht auch der geistigen Haltung im Dzogchen.
Soweit dieses Portrait der Sonne.
PS: Mehr über das im Text erwähnte „Trinkgold“ und weitere alchemistische Essenzen finden Sie auf www.horusmedia.de oder auf www.aurum-potabile.de im Internet.